Bis 16.05.2017 . Aktion . Russische Förderation . LGBTI entführt und getötet

SETZE DICH MIT EINEM BRIEF ODER EINER E-MAIL FÜR DIE MÄNNER EIN, DIE IN JÜNGSTER ZEIT IN TSCHETSCHENIEN IM RAHMEN EINER KOORDINIERTEN KAMPAGNE ENTFÜHRT, GEFOLTERT UND SOGAR UMGEBRACHT WERDEN, WEIL ANGENOMMEN WIRD, DASS SIE HOMOSEXUELL SIND! Am 1. April berichtete die unabhängige russische Tageszeitung Novaya Gazeta, dass Hunderte vermeintlich schwule Männer im Rahmen einer koordinierten Kampagne in den vergangenen Tagen entführt worden sind. Die Männer sollen gefoltert und in anderer Weise misshandelt und gezwungen worden sein, andere ihnen bekannte LGBTI preiszugeben. Novaya Gazeta gibt an, bestätigte Informationen über mindestens drei Männer zu haben, die von ihren Entführer*innen getötet wurden, doch ihre Quellen sagen auch, dass es viele weitere Morde gegeben habe.
Berichten zufolge wurden einige der entführten Männer zu ihren Familien zurückgebracht, vermutlich weil ihre sexuelle Orientierung von ihren Entführer_innen nicht bestätigt werden konnte. Sie sind aufgrund der örtlichen Homosexuellenfeindlichkeit jedoch weiterhin in großer Gefahr. Mitglieder der NGO namens Russisches LGBTI-Netzwerk haben diese Informationen bestätigt und eine telefonische Hotline eingerichtet, um denjenigen zu helfen, die sich außerhalb der Region in Sicherheit bringen möchten. Doch online gibt es auch anonyme Warnungen, dass einige dieser Hilfsangebote im Internet von den Täter_innen dazu genutzt werden könnten, weitere LGBTI ausfindig zu machen.
Die Reaktionen der tschetschenischen Behördenvertreter_innen variieren zwischen Leugnung – so zum Beispiel durch Alvi Karimov, dem Pressesprecher des Präsidenten der Republik Tschetschenien -, das Ganze als Witz abtun und weiteren versteckten Drohungen. Am 3. April kündigte der Pressesprecher der russischen Präsidialverwaltung Dimitry Peskov an, dass das Innenministerium “Informationen über die vermeintliche Verfolgung von Männern nicht traditioneller Orientierung prüft”.

SCHREIBE BITTE LUFTPOSTBRIEFE, FAXE ODER E-MAILS MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte führen Sie umgehend eine zielführende und umfassende Untersuchung der Berichte über die Entführung und Tötung von vermeintlich homosexuellen Männern in Tschetschenien durch und gewährleisten Sie, dass alle Täter*innen und Kompliz*innen solcher Verbrechen in Übereinstimmung mit den Gesetzen der Russischen Föderation vor Gericht gestellt werden.
  • Ergreifen Sie bitte alle notwendigen Maßnahmen, um die Sicherheit jedes Einzelnen zu gewährleisten, der in Tschetschenien aufgrund der sexuellen Orientierung in Gefahr sein könnte und verurteilen Sie mit sehr klaren Worten zweifelsfrei jeden diskriminierenden Kommentar von Regierungsvertreter*innen.
  • Ich möchte die russischen und tschetschenischen Behörden daran erinnern, dass sie eine internationale menschenrechtliche Verpflichtung haben, Diskriminierung zu untersagen und Hassverbrechen – die extremste Form der Diskriminierung – zu untersuchen und die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen.

Link zur Direkt-E-Mail

Beispielbrief auf Deutsch und Englisch

APPELLE AN

LEITER DER ERMITTLUNGSBEHÖRDE
Aleksandr Ivanovich Bastrykin
Investigation Committee of the Russian Federation
Tekhnicheskii pereulok, dom 2
105005 Moscow
RUSSISCHE FÖDERATION
(Anrede: Dear Chairman / Sehr geehrter Herr Vorsitzender)
Fax: (00 7) 495 966 97 76
Online submissions (in Russian): http://sledcom.ru/references/Organizacija_priema_grazhdan#reception
LEITER DER ERMITTLUNGSBEHÖRDE IN TSCHETSCHENIEN
Sergei Vasilievich Sokolov
Ul. Altaiskaya d.3
Grozny
364000 Chechen Republic
RUSSISCHE FÖDERATION
(Anrede: Dear Acting Head / Sehr geehrter amtierender Leiter der Untersuchungskommission)
Fax: (00 7) 8712 62 41 01
Email: ip-chechen[at]sledcom.ru
Online submissions: http://chr.sledcom.ru/references
KOPIEN AN
OMBUDSFRAU FÜR MENSCHENRECHTE DER RUSSISCHEN FÖDERATION
Tatiana Nikolaevna Moskalkova
ul. Miasnitskaia, 47
107084 Moscow
RUSSISCHE FÖDERATION
Fax: (007) 495 607-7470 / -3977
BOTSCHAFT DER RUSSICHEN FÖDERATION
S. E. Herrn Vladimir M. Grinin
Unter den Linden 63-65
10117 Berlin
Fax: 030-2299 397
E-Mail: info[at]russische-botschaft.de
Bitte schreibe deine Appelle möglichst sofort. Schreibe in gutem Russisch, Usbekisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir darum, nach dem 16. Mai 2017 keine Appelle mehr zu verschicken.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

“Morde im Namen der Ehre” werden im Nordkaukasus, insbesondere in Tschetschenien, bis heute verübt. Männer, die angeblich die “Familienehre beschmutzen”, weil sie tatsächlich oder vermeintlich schwul sind, laufen Gefahr, von Angehörigen der eigenen Familie getötet zu werden. Wer einen sogenannten “Ehrenmord” verübt, geht häufig straffrei aus. In jüngster Zeit sind eine Reihe von Gewaltvideos im Internet veröffentlicht worden, in denen homosexuelle Aktivist_innen bedroht werden.
Kheda Saratova, Mitglied des Menschenrechtsrates unter dem Präsidenten von Tschetschenien, kommentierte als erste, dass die tschetschenische Gesellschaft und “das ganze Justizsystem” Homosexuellenmörder_innen mit relativem “Verständnis” begegnen würden. Sie erklärte später, dass sie missverstanden worden sei und dass die Enthüllung, dass es in Tschetschenien homosexuelle Männer gebe, sie so schockiert habe, dass sie nicht klar habe denken können.
Die tschetschenischen Behörden, angeführt von Ramzan Kadyrov, kontrollieren praktisch jeden Lebensbereich in dieser nordkaukasischen Republik der Russischen Föderation. Jede abweichende Ansicht wird brutal unterdrückt und Menschenrechtsverteidiger_innen, Medienschaffende und politische Aktivist_innen, darunter auch Menschen von außerhalb Tschetscheniens, ebenso wie in seltenen Fällen Bürger_innen, die irgendeine Kritik an der tschetschenischen Führung und ihrer Politik äußern, sehen sich Drohungen, Drangsalierungen und häufig körperlicher Gewalt gegenüber. Siehe dazu auch den englischsprachigen Artikel: https://www.amnesty.org/en/documents/eur46/3255/2016/en/. Der Ermordung der Journalistin Anna Politkovskaya 2006 und der Entführung und Ermordung der tschetschenischen Menschenrechtsverteidigerin Natalia Estemirova 2009 gingen ähnliche Drohungen voraus.